Gerade bin ich auf dem Weg zu einer vierwöchigen Reise nach Schweden. Dort werde ich mit anderen in die Wildnis eintauchen und ich bin ganz schön aufgeregt, welche Herausforderungen mir begegnen
und wie ich sie meistern werde. Schon im Vorfeld durfte ich viel lernen - über mich, die Menschen die mir wichtig sind und vielleicht auch über das Leben selbst, wenn mensch so will.
So war ich mit einer Schulklasse in regennassen Wald unterwegs. Wie so oft machen wir Feuer mit nur einem Streichholz. Die Feuer der Kinder waren schlecht aufgebaut, was - wie so oft - weniger an den Kindern liegt, sondern an mir: Je bewusster, fokussierter und eloquenter ich anleite, desto mehr kommt an. Naja, die Aufbauten der Feuer der Kinder zeigten deutlich, dass ich in Gedanken woanders war. Umso mehr muss ich im Nachgang anleiten, korrigieren und mit Frust umgehen. Ich kann mich aber auch entspannen, zurücklehnen und wohlwollend beobachten, was passiert.
In diesem Augenblick entschloss ich mich für einen Mittelweg, was ganz gut ging. Bis zu der Stelle, an dem die vielen kleinen Feuer zu einem zusammengetragen wurden. Jetzt ging es mir an den Kragen: Das große Feuer wollte nicht angehen! 25 Kinder- und 4 strenge Lehreraugen im Kreis um mich herum, auf mich und den qualmenden Haufen nasser Stöcke vor mir gerichtet, einige Kids schon mit den Würstchenspießen ausgerüstet, denn das sollte das Mittagessen sein.
Keine Chance, nur Qualm! Jetzt wird mir auch schon ordentlich schwindelig vom Pusten. Die Lehrerin beginnt schon ungeduldig und genervt die Situation zu kommentieren. In meiner Verzweiflung zücke ich die Streichhölzer und entzünde eines nach dem anderen. So viel zum 1-Streichholzfeuer…
Und während ich so puste wird es mir klar: Was habe ich eigentlich gedacht? Dass ich bei Regen in den Wald spazieren kann und einfach ohne größere Anstrengungen Feuer machen kann? Ich dachte, ich habe Ahnung von Feuer und für mich gibt's hier nichts mehr zu lernen. Ich mach das einfach, ich schüttel das einfach aus dem Ärmel. Ich kann alles schaffen was ich will, wenn ich es mir nur fest genug wünsche. Nun, plötzlich kniete ich umringt von anderen mitten in einer Lecture, die ich brauchte aber nicht wollte, vor allem nicht jetzt.
Ich pustete also um mein Leben und meine Würde und schämte mich über meine Überheblichkeit.
Und genau da, wo Verzweiflung und Selbstmitleid ihren Höhepunkt erreichten, züngelte die erste Flamme durch den Qualm und ich war erlöst. Demütig blies ich weiter und das Feuer wurde größer. Zu meiner Überraschung folgten keine Kommentare wie „Wurde ja auch Zeit“. Stattdessen gab es Applaus und es wurde gefeiert! Und ich hab mitgemacht.
Danke Feuer, dass Du mich hast lernen lassen, dass mensch manchmal ganz schön pusten muss, um etwas zum Laufen zu bringen. Und dass dies je nach Umständen ganz normal und unausweichlich ist.
In diesem Sinne wünsche ich euch viel Glück und langen Atem,
euer Karl